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Urteile rund um das Fahrzeug

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese Informationen keine Rechtsberatung darstellen und die fachliche Beratung durch einen Rechtsanwalt auf keinesfalls ersetzen.

 

Unter Beachtung der laufenden Anpassung und Abänderung der Rechtssprechung sollen diese im Internet veröffentlichten Urteile sollen lediglich informativen Charakter darstellen.

 

Wir empfehlen bezüglich aktueller Entscheidung und weitergehender Informationen die Links zu den Seiten Captain HUK bzw. subvenio-ev.de zu nutzen.

 

1. Beauftragung eines Sachverständigen im Haftpflichtschadenfall

 

Aktenzeichen: BGH Urteil vom 23.01.07 LG Frankfurt ( Oder ) VI ZR 67/06

 

Nach einem Verkehrsunfall kann grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet und verlangt werden.

 

Aktenzeichen: OLG Bremen, VersR 74,371

 

Grundsätzlich sollten Sie nach einem Unfall den an Ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden von einem Kfz.-Sachverständigen schätzen lassen. Die hierfür anfallenden Kosten muß der Unfallverursacher tragen.

 

Aktenzeichen: AG Bochum 68 C 405/98

 

Der Geschädigte braucht vor der Beauftragung eines Sachverständigen nicht erst Marktforschung betreiben, um den preisgünstigsten Sachverständigen ausfindig zu machen. Bewegen sich die Kosten für die Begutachtung im Rahmen des üblichen, so sind diese Kosten vom Schädiger zu ersetzen. Wenn für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar ist, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Kosten verlangt, die außerhalb des üblichen liegen, darf er einen Auftrag nicht auf Kosten des Schädigers erteilen.

 

Aktenzeichen: AG Hamm 26 C 156/98

 

Selbst wenn die Versicherung in einem Telefonat die 100%ige Regulierung des Schadens zugesichert und sich der Geschädigte damit einverstanden erklärt hat, schließt das nicht sein Recht aus, aufgrund anderer Überlegungen trotzdem ein Gutachten einzuholen.

 

Aktenzeichen: AG Wiesbaden 92 C 4313/97-31

 

Keine Preiserkundigungspflicht, dies gilt um so mehr, wenn der Geschädigte einen von der IHK öffentlich bestellt und vereidigten Sachverständigen auswählt. Das Risiko der Beauftragung eines geringfügig teureren SV liegt beim Schädiger.

 

Aktenzeichen: 32 S 61.02

Bei einem Verkehrsunfall ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verpflichtet die Gutachterkosten für den Geschädigten zu übernehmen.

Die Versicherung kann nur dann gegen die Rechnung eines Sachverständigen angehen, wenn diese in einem unangemessenen Verhältnis zu den entstandenen Schäden steht.

Grundlage für die Entscheidung des Gerichts war die Klage einer Versicherung, der Gutachter habe seine Rechnung an der Schadenhöhe orientiert, anstatt auf Stundenbasis abzurechnen.

 

Diese Art der Abrechnung ist aber generell üblich.

 

 

2. Bagatellschadengrenze

 

Aktenzeichen: BGH VI 365/03

 

Häufig streiten sich nach Unfällen die Beteiligten über die Höhe des Schadens und die so genannte Bagatellschadengrenze. Zu den strittigen Punkten gehört, wann ein Geschädigter zum Beispiel Kosten, die er für einen Gutachter aufgewandt hat, vom Verursacher ersetzt bekommt.

 

Dies richtet sich nicht allein danach, ob „die durch die Begutachtung ermittelte Schadenhöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht“, stellte dazu jetzt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin klar. Denn zum Zeitpunkt des Auftrags an den Gutachter sei dem Geschädigten die Schadenhöhe nicht bekannt, betonte er.

 

Allerdings könne ein Richter später aus der Schadenhöhe Rückschlüsse ziehen, „ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war“ oder ob nicht möglicherweise der Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs ausgereicht hätte. Der GDV verweist darauf, dass der Karlsruher Bundesgerichtshof eine „Bagatellschadengrenze“ von 700 Euro für angemessen hält.

 

Aktenzeichen: AG Dortmund 116 C 4270/97

 

Der Schaden in Höhe von 1121,77 DM ist kein Bagatellschaden, außerdem hat der Kläger ein großes und teures Fahrzeug, der Schaden war nur schwer zu erkennen. Gerade bei schwierig festzustellendem Schaden liegt kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vor., da gerade in solchen Fällen der Unfallgegner oft die Ursächlichkeit bzw. die Schadenhöhe bestreitet.

 

Aktenzeichen: AG Heilbronn 4 C 5368/98

 

Das Gericht folgt derjenigen Rechtsprechung, die eine Erstattungspflicht unabhängig von einer Bagatellgrenze grundsätzlich bejaht.

 

Grund hierfür ist, dass ansonsten die Gefahr besteht, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung im Nachhinein die Ursächlichkeit der Instandsetzungskosten bestreitet und der Geschädigte nach durchgeführter Reparatur in Beweisnot gerät.

 

Selbst wenn man grundsätzlich der Gegenmeinung folgt und vom Bestehen einer Bagatellgrenze von nicht 1000,00 DM sondern ca. 1500,00 DM ausgehen würde, dürfte ein Zurückbleiben hinter dieser Grenze dem Geschädigten solange nicht zum Nachteil gereichen als sich die geschätzten Reparaturkosten noch in der Größenordnung der Bagatellgrenze bewegen.

 

 

3. Restwert

 

LG Darmstadt Urteil zur Restwertproblematik (Urteil vom 14.3.2012 -4 O 417/11-)

Solange kein Restwertangebot der Versicherung vorliegt, verstößt der Geschädigte nicht gegen die Schadenminderungspflicht, wenn er zu dem gutachterlich festgestellten Restwert sein Fahrzeug veräußert. Sollte vor dem Verkauf ein höheres Angebot der Versicherung vorliegen, ist er jedoch gehalten, dieses Angebot zu realisieren. Anderenfalls kann ihm die Versicherung einen Verstoß gegen seine Schadenminderungspflicht entgegenhalten und den Erstattungsbetrag entsprechend kürzen.

Das Gericht stellte klar, dass der Kläger Herr des Restitutionsverfahrens ist und ihm daher nicht nur die Veräußerung selbst, sondern auch der Zeitpunkt der Fahrzeugverwertung freigestellt ist. Daher ist er nicht verpflichtet, der Versicherung vor der Veräußerung die Gelegenheit zu geben, eigene Restwertangebote vorzulegen.

Da der Kläger das Kfz vor der Übermittlung des Restwertangebotes der Versicherung schon veräußert hatte, verstieß er durch die Veräußerung – zumal er sogar einen geringfügig höheren Kaufpreis erzielte als gutachterlich ermittelt – nicht gegen seine Schadenminderungspflicht.

Aktenzeichen: LG Koblenz 12 S 123/04

 

Ein Unfallgeschädigter oder von ihm angerufener Sachverständiger darf sich bei den Restwert-Angaben für ein kaputtes Auto am allgemeinen Markt in der Umgebung orientieren. Er ist nicht verpflichtet, besondere Ermittlungen zum preisgünstigsten Angebot zum Beispiel durch eine Internet-Recherche zu Gunsten der gegnerischen Versicherung anzustellen.

 

Ausgangspunkt sei in aller Regel die Frage, zu welchem Preis das Unfallfahrzeug beim Kauf eines Neuwagens in Zahlung gegeben werden kann oder welcher Preis bei seriösen Gebrauchtwagenhändlern in der Umgebung zu erzielen ist, heben die Verkehrsanwälte hervor. Die Richter in Koblenz hätten mit ihrem Urteil dem Versuch der Versicherer eine Absage erteilt, als Maßstab auch den Sondermarkt der Verwertungsbetriebe und Restwerthändler einschließlich der elektronischen Restwertbörsen einzubeziehen.

Nur im konkreten Einzelfall müsse eine Verwertungsmöglichkeit auf dem Sondermarkt wahrgenommen werden. Das sei dann der Fall, wenn die Versicherung dem Geschädigten eine günstigere Verwertungsmöglichkeit nachweise und ihm ein bindendes Angebot vorlege, das für den Kunden ohne zusätzlichen Aufwand und ohne Risiko akzeptabel sei. Die Initiative dazu müsse aber von der Versicherung des Schädigers ausgehen, befanden die Richter.

 

Aktenzeichen: BGH VI ZR vom 12.07.2005

 

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung, erneut deutlich gemacht, dass der geschädigte Autofahrer nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall berechtigt ist, sein Unfallfahrzeug an seine vertraute Vertragswerkstatt zu veräußern. Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung die Rechte des geschädigten Autofahrers deutlich gestärkt, da er nunmehr auch unmissverständlich klargestellt hat, dass Restwertbörsengebote in einem Schadengutachten nichts zu suchen haben und kein Geschädigter verpflichtet ist, sein Fahrzeug an ihn suspekte Restwertaufkäufer zu veräußern.

 

Es besteht auch keine Verpflichtung, zuerst den gegnerischen Versicherer zu fragen, ob er mit der Veräußerung an den vertrauten Händler einverstanden ist. Der Geschädigte ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Herr des Verfahrens und das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten ist Grundlage der Regulierung. Aus diesem Grund sollte der geschädigte Autofahrer nach einem Verkehrsunfall einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen einschalten, der sein Gutachten unter Berücksichtigung der aktuellen BGH-Rechtsprechung erstellt.

 

Aktenzeichen: BGH VI 119/04 vom 07.12.2004

 

Ein Geschädigter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen.

 

Aktenzeichen: OLG Dresden, 4.7.2000, 15 U 662/00

 

Der Geschädigte darf sich grundsätzlich auf die gutachterliche Bewertung verlassen. Diese Bewertung wird nicht dadurch falsch, dass dem Schädiger nachträglich eine einzelne günstigere Verwertungsmöglichkeit bekannt wird.

 

4. Nutzungsausfall

 

Aktenzeichen: LG Karlsruhe 15 O 86/04

 

DEVK Versicherungs AG darf keinen Mietwagentarif einem Geschädigten vorschreiben.

 

Aktenzeichen: LG Karlsruhe 9 S 66/00-4/01

 

Ein Ersatzwagen kann nur verlangt werden, wenn am Tag mindestens 20 km gefahren werden.

 

Aktenzeichen: BGH, Urteil vom 25.01.2005 – VI ZR 112/04

 

Dem Geschädigten steht auch für einen sehr langen Zeitraum (hier 145 Tage) Nutzungsausfallentschädigung dann zu, wenn er darauf hingewiesen hat, dass er zur Vorfinanzierung der Reparatur nicht in der Lage sei.

 

Ebenfalls hat der BGH im o. g. Urteil erneut über die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung für ältere Fahrzeuge (hier: 9 1/2 Jahre alter Renault 25 V 6 mit ca. 160.000 km Laufleistung) entschieden und festgestellt, dass die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung nicht durch den Wert des Fahrzeugs begrenzt wird. Die Abrechnung nach den üblichen Tabellen auch für einen derart langen Zeitraum ist daher gerechtfertigt.

 

 

5. Mietwagenkosten

 

Aktenzeichen BGH VI ZR 160/04 vom 15.02.2005

 

Wem unschuldig bei einem Unfall der Wagen ramponiert wird, kann während der Reparatur einen Mietwagen auf Kosten des Verursachers nehmen. Bezahlt wird aber nur der Normaltarif. In besonderen Fällen, die der Nutznießer jedoch beweisen muss, darf auch ein teureres Fahrzeug genommen werden, entschied der Bundesgerichtshof.

 

6. Abrechnung auf Basis des Schadengutachtens

 

BGH, 22.6.2010 – VI ZR 302/08

 

Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit des Kfz in freier Fachwerkstatt ist bei einem Alter des Kfz unter drei Jahren nicht zumutbar

 

Der Geschädigte eines Unfalls darf die üblichen Reparaturkosten einer Markenwerkstatt abrechnen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

 

Die gegnerische Haftpflichtversicherung soll nur dann die Möglichkeit haben, den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen “freien Fachwerkstatt” zu verweisen, wenn sie darlegen und ggf. beweisen kann, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt qualitativ der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

 

Der Geschädigte hat zudem die Möglichkeit, Umstände aufzuzeigen, die eine Reparatur außerhalb der Markenwerkstatt unzumutbar machen würden. Nach Ansicht des BGH soll dies etwa möglich sein, wenn das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt jünger als 3 Jahre ist oder der Geschädigte sein Kfz bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.

 

BGH, Urteil vom 23. Februar 2010 – VI ZR 91/09

 

Die Versicherung darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

 

Aktenzeichen: BGH, AZ: VI ZR 192/04 vom 07.06.2005

 

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Möglichkeit der fiktiven Abrechnung von Reparaturkosten erheblich eingeschränkt.

 

Will der geschädigte Autofahrer vom Unfallgegner Ersatz der Reparaturkosten verlangen, ohne das Auto reparieren zu lassen, verlangt der Bundesgerichtshof nun, dass den Reparaturkosten die Differenz aus Wiederbeschaffungswert (1) und Restwert (2) gegenübergestellt wird. Damit sich der Geschädigte am Unfall nicht bereichern kann, muss der Versicherer nur die günstigere Alternative zahlen, falls der Geschädigte sein Auto – nicht – repariert.

 

Da ein Kostenvoranschlag nie Angaben zu Restwert und Wiederbeschaffungswert enthalten kann, ist daher künftig bei fiktiver Abrechnung stets eines Gutachten, das alle relevanten Schadenpositionen enthält erforderlich.

 

Nur mit einem neutralen Gutachten kann ein Geschädigter daher sicher sein, dass der Wiederbeschaffungswert für das Fahrzeug nicht zu gering oder der Restwert zu hoch berechnet wurde. Auch die merkantile Wertminderung wird durch einen Kfz-Sachverständigen im Übrigen oft auch bei älteren Fahrzeugen festgelegt.

 

 

7. Reparatur bei Totalschaden innerhalb der 130% Grenze

 

Aktenzeichen: BGH VI ZR 70/04 vom 15.02.2004

 

Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.

 

Aktenzeichen: AG Hof 14 C 326/99

 

Unabhängig davon, ob nach der Berechnung des Sachverständigen die kalkulierten Reparaturkosten unter der 130 %-Grenze liegen, hat der Geschädigte dann Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten bei ordnungsgemäßer und zeitwertgerechter Reparatur die 130 %-Grenze nicht überschreiten.

 

 

8. Fristen der Schadenabrechnung

 

Aktenzeichen: 1 C 1787/04 AG Erlangen 30.03.2005

 

Eine Frist von zwei Wochen sollte für Versicherungen ausreichen, um einen Schaden zu regulieren. Wenn getrödelt wird, darf der Gegner klagen und die Mehrkosten in Rechnung stellen.

 

9. Umsatzsteuererstattung beim Ersatzwagenkauf

 

Aktenzeichen: BGH VI ZR 91/04 Urteil vom 01.03.2005

 

Autofahrer, welche sich nach einem unverschuldeten Unfall einen gebrauchten Ersatzwagen anschaffen, haben gegenüber dem Schadenverursacher bzw. dessen Versicherung Anspruch auf den Wiederbeschaffungswert des Unfallwagens inkl. MwSt. Bisher war in solchen Fällen die Erstattung der Mehrwertsteuer umstritten, da diese Steuer z.b. bei Kauf von einer Privatperson nicht anfällt.

 

Im fraglichen Fall hatte der Geschädigte sich nach einem unverschuldeten Unfall ein gebrauchtes Auto von einer Privatperson zum Preis von 13.400 EUR als Ersatz gekauft. Im Sachverständigengutachten wurde der Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeuges mit einer Höhe von 12.800 EUR inkl. MwSt beziffert. Die Versicherung weigerte sich, die enthaltene Mehrwertsteuer zu erstatten und zog diese vom Wiederbeschaffungswert ab. Der BGH sah das anders. Dieser Abzug ist nur gerechtfertigt, wenn sich der Betroffene keinen Ersatzwagen kauft. Sobald er dagegen einen Ersatzwagen kauft und er mindestens den Wert laut Gutachten aufwenden muss, kann er laut BGH den vollen Wiederbeschaffungswert verlangen- und das unabhängig davon, ob und wieviel Mehrwertsteuer ( Regel- und Differenzbesteuerung ) er beim Kauf der Ersatzwagen zahlen musste. Gemäß § 249 BGB besteht ein Anspruch auf den Ersatz des für die Ersatzbeschaffung aufgewendeten Betrages. Würde dieser Betrag im eine „ fiktive Mehrwertsteuer „ gekürzt, würde dies der Funktion des Schadenersatzrechts widersprechen, dem Geschädigten die Wiederherstellung des früheren Zustands zu ermöglichen.

 

 

10. Haftungsfragen

 

Aktenzeichen: AG München 331 C 7937/05

 

Autofahrer müssen in Wohngebieten nicht Schrittgeschwindigkeit fahren, nur um den Zusammenstoß mit einem plötzlich auftauchenden Haustier zu vermeiden.

 

Eine Autofahrerin fuhr in der Tempo-30-Zone eines Wohngebietes, als eine Katze die Straße überqueren wollte. Das Tier wurde angefahren, und sein Besitzer forderte von der Fahrerin 1100 Euro Tierarztkosten. Begründung: Sie sei zu schnell und generell nicht aufmerksam genug gefahren. Die Beklagte wiederum meinte, der Unfall sei für sie unabwendbar gewesen, da die Katze kurz vor ihrem Auto zwischen parkenden Fahrzeugen plötzlich herauslief.

 

Aktenzeichen: AG Neuburg 3 C 565/2004

 

Ein Radfahrer war auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem Auto zusammengestoßen. Die Haftpflichtversicherung des Radlers zahlte der schuldlosen Autofahrerin nur 75 Prozent des Schadens. Die wollte natürlich alle Kosten erstattet haben, schließlich war sie vorschriftsmäßig unterwegs. Der Unfall sei höhere Gewalt und dem Radfahrer grobes Verschulden vorzuwerfen, waren ihre Argumente.

 

Das ließ das AG allerdings nicht gelten. Ein schlichter Verkehrsunfall liege vor und keine „höhere Gewalt“, also ein „von außerhalb des Verkehrs eintreffendes unvorhersehbares Ereignis“. Zum Beispiel ein Erdbeben. Und auch ein „grobes Verschulden“ des Radlers konnte der Richter nicht erkennen. Zwar habe der einen anderen Radfahrer gestreift und sei deshalb auf die Gegenfahrbahn geraten. Aber das sei nicht mehr als eine Unachtsamkeit, und die wiege nicht so schwer, daß die Betriebsgefahr des Autos völlig außer acht bleiben könne.

 

Es blieb deshalb bei der Mithaftung der Autofahrerin. Nach Darstellung des Richters war dies auch die Absicht des Schadensreformgesetzes, welches so eine Besserstellung nicht motorisierter gegenüber motorisierten Verkehrsteilnehmern durchsetzt. Oder mit anderen Worten: Autofahrer haften immer ein bisschen mit, auch wenn sie für den Unfall gar nichts können. Ihre „Betriebsgefahr“ beginnt, sobald sie den Verkehrsraum betreten.